Juni 2017 - Kaiser & Voigt Buchhaltung UG (haftungsbeschränkt) & Co. KG


Der Gesetzgeber hat im Juni 2017 ein Gesetz gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen verabschiedet. Das Gesetz betrifft neben der Abziehbarkeit von Aufwendungen für Rechte und Lizenzen auch zwei weitere Bereiche, die in der Praxis aber für viele Unternehmen Bedeutung haben, nämlich die Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen und die Abschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter. Die wichtigsten Punkte der Neuregelung stellen wir Ihnen hier vor:

1. Beschränkung der Abziehbarkeit von Lizenzaufwendungen

Die Neuregelung beschränkt die Abziehbarkeit von Lizenzaufwendungen und vergleichbaren Aufwendungen für die Rechteüberlassung, wenn der Zahlungsempfänger eine nahestehende Person bzw. Gesellschaft im Ausland ist und sie die Lizenzgebühren dort nur niedrig versteuern müsste. Als niedrig wird eine Steuerbelastung von weniger als 25 % angesehen.

Hinweis: Die Neuregelung soll verhindern, dass multinationale Unternehmen über Lizenzgebühren ihren Gewinn in Niedrigsteuerstaaten verschieben. Die Neuregelung gilt für Lizenzaufwendungen ab dem 01.01.2018.

2. Erhöhung der Wertgrenze für geringwertige Wirtschaftsgüter

  • Geringwertige Wirtschaftsgüter können im Jahr der Anschaffung in voller Höhe abgeschrieben werden, auch wenn sie eine Nutzungsdauer von mehreren Jahren haben. Bislang lag die Wertgrenze bei 410 € netto (also ohne Umsatzsteuer). Künftig liegt die Grenze bei 800 €.

    Beispiel: Ein Unternehmer kauft einen Laptop für seinen Betrieb für 700 € netto. Er kann die 700 € im Jahr der Anschaffung als Betriebsausgabe geltend machen und muss die Anschaffungskosten nicht auf die Nutzungsdauer des Laptops (z.B. drei Jahre) verteilen.

  • Beträgt der Wert des geringwertigen Wirtschaftsguts mehr als 250 € und bis zu 1.000 €, kann es statt der Sofortabschreibung in einen Sammelposten eingestellt werden, der auf fünf Jahre, d.h. jährlich mit 20 %, abgeschrieben wird. Bislang betrug die Untergrenze 150 €, die nun auf 250 € erhöht wird.

    Hinweis: Die Neuregelung gilt für alle geringwertigen Wirtschaftsgüter, die ab dem 01.01.2018 angeschafft oder hergestellt oder in das Betriebsvermögen eingelegt werden.

3. Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen

    • Sanierungsgewinne, die nach dem 08.02.2017 aufgrund eines Schuldenerlasses durch einen Gläubiger entstehen, werden nach der Neuregelung steuerfrei gestellt. Dies gilt nicht nur für die Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer, sondern auch für die Gewerbesteuer.

 

    • Soweit der Sanierungsgewinn steuerfrei ist, fällt aber ein Verlustvortrag weg. Der Verlustvortrag kann dann also nicht mehr für die Verrechnung mit künftigen Gewinnen verwendet werden. Außerdem ist der Unternehmer verpflichtet, sog. stille Lasten im Sanierungsjahr und im Folgejahr gewinnmindernd zu heben; er muss also Teilwertabschreibungen in Anspruch nehmen, damit diese mit dem Sanierungsgewinn verrechnet werden können und nicht für die Verrechnung mit künftigen Gewinnen genutzt werden können. Sanierungskosten sind nach der Neuregelung nicht als Betriebsausgaben abziehbar, sondern mindern den steuerfreien Sanierungsgewinn, unabhängig davon, ob sie im Sanierungsjahr selbst oder in einem Folgejahr oder Vorjahr anfallen.

 

  • Mit der Neuregelung reagiert der Gesetzgeber darauf, dass die bisherige Handhabung durch die Finanzverwaltung, die auf einen Erlass der Steuern für Sanierungsgewinne gerichtet war, vom Bundesfinanzhof als rechtswidrig angesehen worden ist, weil der Gesetzgeber die steuerliche Behandlung von Sanierungsgewinnen selbst regeln muss und nicht der Verwaltung überlassen darf.

Hinweis: Die Neuregelung tritt aber erst in Kraft, wenn die Europäische Kommission feststellt, dass es sich bei der Steuerbefreiung nicht um eine europarechtswidrige Subvention handelt.

Quelle: Gesetz gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen vom 02.06.2017



Eine Stewardess kann ein Arbeitszimmer steuerlich nicht absetzen. Denn für ihre Tätigkeit steht ihr ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, nämlich die Räumlichkeiten am Flughafen sowie im Flugzeug.

Hintergrund: Die Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer sind nur dann steuerlich absetzbar, wenn für die berufliche oder betriebliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht oder wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten beruflichen und betrieblichen Tätigkeit darstellt.

Sachverhalt: Die Klägerin war Stewardess bei der Fluggesellschaft A. Sie machte Kosten in Höhe von 1.250 € für ein häusliches Arbeitszimmer geltend. Das Arbeitszimmer benötigte sie nach eigenen Angaben für die Vorbereitung und Nachbereitung des Flugs, u.a. auch für die Zusammenstellung und den Ausdruck der Hotel- und Übernachtungsvoucher.

Entscheidung: Das Finanzgericht Düsseldorf (FG) wies die Klage ab:

  • Der Klägerin stand für ihre Tätigkeit ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, insbesondere das Flugzeug und der Flughafen. So konnte sie am Flughafen das sog. Briefing-Paket, das von den Stewardessen vor jedem Abflug zur Kenntnis genommen werden muss, lesen. Denn zwischen dem Einchecken und dem Abflug gibt es ausreichend Zeit, sich mit dem Briefing zu beschäftigen.
  • Im Übrigen war ein Arbeitszimmer für die Tätigkeit der Klägerin auch nicht erforderlich. Da ein häusliches Arbeitszimmer auch die private Lebensführung berührt, muss bei der Prüfung der Absetzbarkeit der Kosten auch geprüft werden, ob das Arbeitszimmer erforderlich war. Dies war im Streitfall zu verneinen:
    • Soweit es um die Vorbereitung auf die Passagiere anhand der Passagierlisten geht, obliegt es ohnehin nicht der Klägerin, sondern dem Purser, Besonderheiten bei den Passagieren zu erkennen und das Kabinenpersonal hierauf vorzubereiten.
    • Auch der Ausdruck der Hotelvoucher ist nur ausnahmsweise nötig, da die Übernachtungsgutscheine in der Regel durch die Kabinenleitung (Purser) ausgeteilt würden.
    • Das Arbeitszimmer wird auch nicht benötigt, um sog. Ereignisprotokolle über Auffälligkeiten bei Flügen zu erstellen. Denn dies kann bereits während des Fluges erfolgen. Im Übrigen gibt es noch am Flughafen eine halbstündige Nachbereitungszeit, in der die Besatzung den Flug auswertet.

Hinweise: Zwar konnte das Gericht nicht ausschließen, dass die Klägerin in ihrem Arbeitszimmer gelegentlich Tätigkeiten verrichtet hat, die mit ihrer Tätigkeit als Stewardess in Zusammenhang standen. Hierfür war ein Arbeitszimmer aber nicht erforderlich. Ohne das Kriterium der Erforderlichkeit würde anderenfalls das gesetzliche Abzugsverbot für häusliche Arbeitszimmer leer laufen, da es für viele Arbeitnehmer Tätigkeiten gibt, die sie zu Hause ausüben können, z.B. die Prüfung, ob es Neuerungen oder Fort- und Weiterbildungen gibt.

Nicht ausreichend für die Absetzbarkeit ist es, wenn der Arbeitnehmer bestimmte Tätigkeiten, die er auch an seinem betrieblichen Arbeitsplatz verrichten kann, lieber zu Hause ausüben möchte.

Quelle: FG Düsseldorf, Urteil vom 24.04.2017 – 8 K 1262/15 E



Der Erwerber einer Vertragsarztpraxis kann den Kaufpreis anteilig abschreiben, wenn er die gesamte Praxis als sog. Chancenpaket einschließlich eines Praxiswertes erwirbt und nicht nur die Vertragsarztzulassung; der auf die einzelnen Wirtschaftsgüter und auf den Praxiswert einschließlich Vertragsarztzulassung entfallende Kaufpreis ist dann abschreibbar. Erwirbt der Käufer jedoch ausschließlich die Vertragsarztzulassung, ist der Kaufpreis nicht abschreibbar, weil die Vertragsarztzulassung zeitlich unbegrenzt ist.

Hintergrund: Eine Vertragsarztzulassung berechtigt den Arzt, Kassenpatienten zu behandeln und die Leistungen gegenüber der Krankenkasse abzurechnen. In zulassungsbeschränkten Gebieten, in denen es eine ärztliche Überversorgung gibt, kann die Zulassung nicht direkt an einen Interessenten verkauft werden, sondern wird in einem sog. Nachbesetzungsverfahren vergeben, an dem der Verkäufer mitwirkt.

Sachverhalte: Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in zwei unterschiedlichen Verfahren über die steuerliche Absetzbarkeit eines Kaufpreises für eine Vertragsarztpraxis entschieden.

Fall VIII R 7/14: Eine auf dem Gebiet der Radiologie tätige Gemeinschaftspraxis erwarb von S dessen Vertragsarztpraxis in einer 25 km entfernten X-Stadt. Der Kaufpreis stand unter der Bedingung, dass die Vertragsarztzulassung von S auf die Gemeinschaftsarztpraxis übergeht. Der Kaufpreis orientierte sich am Ertragswert der Praxis des S. Die Gemeinschaftspraxis übernahm das Patientenarchiv, die Geräte sowie einige Mitarbeiter. Die Praxisräume wurden nicht übernommen.

Fall VIII R 56/14: In diesem Fall schloss der Kläger einen Praxisübernahmevertrag. Auch hier stand die Zahlung des Kaufpreises unter der Bedingung, dass die Vertragsarztzulassung auf den Kläger übergeht. Der Kläger übernahm weder die Praxiseinrichtung noch die Patientenkartei oder die Verträge (Mietvertrag, Arbeits- und Versicherungsverträge).

Entscheidungen: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage in dem Verfahren VIII R 7/14 im Grundsatz statt, verwies die Sache aber an das Finanzgericht zur weiteren Aufklärung zurück. Die Klage in dem Verfahren VIII R 56/14 wies der BFH ab. Die beiden Entscheidungen lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  • Der Erwerber einer Vertragsarztpraxis kann die gesamte Praxis als sog. Chancenpaket erwerben. In diesem Fall kauft er sowohl die materiellen Wirtschaftsgüter (Büroeinrichtung und ärztliche Geräte) als auch den Praxiswert, zu dem auch die Vertragsarztzulassung und der Patientenstamm gehören. Der Erwerber kann dann die materiellen Wirtschaftsgüter nach ihrer Nutzungsdauer abschreiben und den Praxiswert (einschließlich Vertragsarztzulassung) auf die Dauer von drei bis fünf Jahren abschreiben.
  • Alternativ kann der Erwerber auch nur die Vertragsarztzulassung erwerben, ggf. unter Mitwirkung des Verkäufers im sog. Nachbesetzungsverfahren. Führt die Mitwirkung des bisherigen Praxisinhabers und Verkäufers zu einem Übergang der Vertragsarztzulassung, ist diese nicht abschreibbar. Denn die Zulassung ist nicht befristet und nutzt sich daher nicht ab.
  • In dem Verfahren VIII R 7/14 erwarb die Klägerin die gesamte Praxis. Denn der Kaufpreis orientierte sich an der Ertragskraft der Praxis des Verkäufers. Außerdem übernahm die Klägerin die Mitarbeiter, die Geräte sowie das Patientenarchiv. Unbeachtlich war, dass die Klägerin ihre Tätigkeit nicht in den Räumen des bisherigen Praxisinhabers ausüben wollte; denn im Bereich der Radiologie gibt es einen großen Einzugsbereich, so dass die Klägerin davon ausgehen konnte, dass die Patientin des Verkäufers in die Praxis der Klägerin kommen würden.
  • Folge: Das FG muss nun den gesamten Kaufpreis aufteilen auf die materiellen Wirtschaftsgüter einerseits, die nach der Restnutzungsdauer abzuschreiben sind, und auf den Praxiswert andererseits, der auf drei bis fünf Jahre abzuschreiben ist. Der Praxiswert umfasst auch die Vertragsarztzulassung.
  • In dem Verfahren VIII R 56/14 ging es dem Kläger hingegen ausschließlich um die Vertragsarztzulassung, da er weder die Geräte noch die Verträge, den Patientenstamm oder das Personal vom Veräußerer übernommen hatte.
  • Folge: Der Kaufpreis war nicht abschreibbar, weil die Vertragsarztzulassung unbefristet ist und sich nicht abnutzt. Der Kaufpreis wurde nicht nur für eine Mitwirkung des bisherigen Praxisinhabers und damit als sofort abziehbares Leistungsentgelt gezahlt, sondern für die erfolgreiche Übertragung der Vertragsarztzulassung; denn die Kaufpreiszahlung stand unter der Bedingung des Übergangs der Vertragsarztzulassung.

Hinweis:

Zwar endet die Vertragsarztzulassung mit dem Tod des Praxisinhabers; dies führt jedoch nicht zu einer zeitlichen Begrenzung. Denn die Erben können die Vertragsarztzulassung wirtschaftlich verwerten.

Im Übrigen machen die beiden Urteile deutlich, dass im Regelfall eine Abschreibung des Kaufpreises möglich ist, wenn der Kaufpreis auch für die Geräte und Büroeinrichtung und für den Patientenstamm sowie das Patientenarchiv gezahlt wird. Unschädlich ist es, wenn die Geräte veraltet sind und vom Käufer nicht mehr benötigt werden. Es genügt, wenn es dem Käufer nach dem Kaufvertrag freisteht, die – veralteten – Geräte zu nutzen oder zu entsorgen.

Quelle: BFH, Urteile vom 21.02.2017 – VIII R 7/14 und VIII R 56/14