Mai 2017 - Kaiser & Voigt Buchhaltung UG (haftungsbeschränkt) & Co. KG


Der Bundesrat hat am 12.05.2017 dem Zweiten Bürokratieentlastungsgesetz zugestimmt. Damit wird rückwirkend zum 01.01.2017 die Grenze für Kleinbetragsrechnungen auf EUR 250 € (brutto) erhöht.

Ein Schwerpunkt des Gesetzes ist der weitere Abbau bürokratischer Vorschriften im Steuerrecht. Ein zweiter Schwerpunkt liegt auf dem Thema Digitalisierung.

Die wesentlichen steuerlichen Maßnahmen im Einzelnen:

  • Die Grenze für Kleinbetragsrechnungen wird von 150 € auf 250 € angehoben.
  • Kleinbetragsrechnungen enthalten eine reduzierte Zahl von Pflichtangaben, führen aber dennoch beim Rechnungsempfänger zum Vorsteuerabzug.
  • Im Umsatzsteuergesetz ist eine Regelung vorgesehen, die den Ausschluss einer Haftung des Forderungsempfängers in den Fällen einer Forderungsabtretung (Factoring) regelt. Die Regelung sichert die bisher bundeseinheitlich abgestimmte Verwaltungsanweisung gesetzlich ab und vermeidet damit Einschränkungen in der Bonität kleinerer und mittlerer Unternehmen.
  • Die durchschnittliche Tageslohngrenze für eine Pauschalierung der Lohnsteuer mit 25% bei kurzfristig beschäftigten Arbeitnehmern wird an den Mindestlohn angepasst.
  • Die Grenze zur Abgabe von Lohnsteuer-Anmeldungen für Vierteljahresanmeldungen wird von 4.000 € auf 5.000 € angehoben.
  • Für Wirtschaftsgüter, für die die Sofortabschreibung in Anspruch genommen wird, sind steuerliche Aufzeichnungspflichten zu beachten sofern deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten eine bestimmte Grenze überschreitet. Diese Grenze wird von 150 € auf 250 € angehoben (anzuwenden für Investitionen ab 2018, s.u.).
  • Die steuerliche Aufbewahrungsfrist von Lieferscheinen endet mit dem Erhalt (beim Leistungsempfänger) bzw. Versand (durch Leistungsgeber) der Rechnung.

Hinweis:

Die meisten der o.g. Regelungen treten rückwirkend zum 01.01.2017 in Kraft. Die Anhebung der Wertgrenze für die Aufzeichnungspflichten bei der Sofortabschreibung von 150 € auf 250 € ist erstmals bei Wirtschaftsgütern anzuwenden, die nach dem 31.12.2017 angeschafft, hergestellt oder in das Betriebsvermögen eingelegt werden.

Quelle: Bundesrat online



Der Erhalt eines Aufwendungsersatzes durch einen Konkurrenten aufgrund einer Abmahnung unterliegt beim Abmahnenden der Umsatzsteuer. Denn der Abmahnende erbringt mit der Abmahnung eine Leistung gegenüber seinem Konkurrenten, weil durch die Abmahnung ein Rechtsstreit vermieden wird.

Hintergrund:

Unlautere Wettbewerbshandlungen, die den Wettbewerb zum Nachteil eines Mitbewerbers beeinflussen können, sind unzulässig und verpflichten zum Schadensersatz gegenüber dem Mitbewerber. Der betroffene Mitbewerber kann den unlauter agierenden Konkurrenten abmahnen, eine Unterlassungserklärung verlangen und den Ersatz der erforderlichen Aufwendungen fordern.

Sachverhalt:

Die Klägerin war eine GmbH im Bereich der EDV. Sie mahnte mehrfach Mitbewerber wegen deren fehlerhafter Allgemeiner Geschäftsbedingungen ab und erhielt hierfür einen Aufwendungsersatz. Das Finanzamt unterwarf den Aufwendungsersatz der Umsatzsteuer.

Entscheidung:

Der Bundesfinanzhof (BFH) folgte der Auffassung des Finanzamts und bejahte die Umsatzsteuerbarkeit des Aufwendungsersatzes:

  • Der Umsatzsteuer unterliegen Entgelte für Lieferungen und sonstige Leistungen. Die Abmahnung stellte eine Leistung der Klägerin gegenüber ihren Konkurrenten dar.
  • Die Abmahnung dient dem Interesse beider Konkurrenten, da sie das Streitverhältnis über die Anwendung unlauterer Wettbewerbshandlungen auf einfache und kostengünstige Weise beendet und damit einen gerichtlichen Streit vermeidet. Die Klägerin wird durch die Abgabe der Unterlassungserklärung ihres Konkurrenten und durch die Zahlung des Aufwendungsersatzes klaglos gestellt.

Hinweise:

Der BFH sah den vereinnahmten Aufwendungsersatz nicht als Schadensersatz an. Echter Schadensersatz wäre nicht umsatzsteuerbar gewesen. Für den BFH war unbeachtlich, dass die Klägerin ihren Aufwendungsersatzanspruch möglicherweise auch durch eine zivilrechtliche Schadensersatzklage hätte durchsetzen können.

Für Unternehmer, die auf Abmahnungen spezialisiert sind, führt das Urteil zu erheblichen Nachteilen, soweit sie bereits Aufwendungsersatz vereinnahmt haben. Denn aus den vereinnahmten Aufwendungsersatzansprüchen muss nun eine Umsatzsteuer von 19 % abgeführt werden.

Quelle: BFH, Urteil vom 21.12.2016 – XI R 27/14



Eine Ansparrücklage kann nicht gebildet werden für die Anschaffung eines Wirtschaftsguts, soweit dessen Aufwendungen als unangemessen im Sinne von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG anzusehen sind.

Streitfall: Ein Finanzberater, der keine Arbeitnehmer beschäftigte und bislang keinen Repräsentationsaufwand getätigt hatte, bildete im VZ 2006 eine Ansparrücklage für drei Pkw zu voraussichtlichen Anschaffungskosten von zusammen 970.000 €.

Entscheidung: Das FG München hielt die Anschaffung von drei Pkw zu diesem Preis für unangemessen:

  • Bislang waren Repräsentationsaufwendungen in dem Ein-Mann-Betrieb nicht erforderlich gewesen.
  • Da er keine Arbeitnehmer beschäftigte, konnte der Kläger die Fahrzeuge auch nicht seinen Arbeitnehmern überlassen.
  • Das FG hielt nur die Anschaffung eines Pkw zum Preis von 120.000 € für angemessen und erkannte nur auf dieser Grundlage eine Ansparrücklage an.

Hinweis: Das Urteil ist zwar zur alten Ansparrücklage nach § 7g Abs. 3 EStG a.F. ergangen. Es lässt sich aber uneingeschränkt auf den Investitionsabzugsbetrag nach § 7g Abs. 1 EStG übertragen. Auch hier darf ein Investitionsabzugsbetrag also nicht gebildet werden, soweit die künftigen Anschaffungskosten unangemessen sind.

Quelle: FG München, Urteil vom 01.03.2016 – 6 K 2162/14



Ein Unternehmer, der zwei betriebliche Praxen unterhält, kann auch ein häusliches Arbeitszimmer steuerlich geltend machen, wenn er in keiner der beiden Praxen seine Verwaltungsarbeiten erledigen kann, weil er vertrauliche Akten bearbeiten muss, die seine Mitarbeiter nicht sehen dürfen.

Hintergrund: Die Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer sind zum einen nur dann abziehbar, wenn für die berufliche oder betriebliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht; der Abzug ist dann auf 1.250 € beschränkt. Zum anderen ist ein Abzug der Kosten möglich, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten beruflichen und betrieblichen Tätigkeit darstellt; in diesem Fall ist ein unbeschränkter Abzug der Kosten möglich. In allen anderen Fällen sind die Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer nicht absetzbar.

Sachverhalt: Der Kläger war selbstständiger Logopäde und unterhielt zwei Praxen mit mehreren Arbeitnehmern. In den Praxen befanden sich ausschließlich Behandlungsräume sowie Tische und Schränke mit Patientenunterlagen für die laufenden Behandlungen. Für seine Verwaltungsarbeiten wie Lohnabrechnungen und Buchführung nutzte der Kläger ein häusliches Arbeitszimmer und machte die Kosten hierfür als Betriebsausgaben geltend.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt:

  • Dem Kläger stand für seine Verwaltungsarbeiten kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung. Denn er konnte die Verwaltungsarbeiten in seinen beiden Praxen nicht erledigen.
  • Zwar ist als anderer Arbeitsplatz jeder Arbeitsplatz anzusehen, der für Bürotätigkeiten geeignet ist. Dieser Arbeitsplatz muss dem Steuerpflichtigen auch nicht allein zustehen, sondern es kann auch ein Arbeitsplatz sein, den sich der Steuerpflichtige mit anderen Personen teilen muss.
  • Entscheidend ist aber, ob der andere Arbeitsplatz für die konkreten Arbeiten genutzt werden kann. Dies hängt von der Beschaffenheit des Arbeitsplatzes, d.h. von der Größe, Lage, Ausstattung etc., sowie von den Rahmenbedingungen der Nutzung, d.h. von der Verfügbarkeit des Arbeitsplatzes und vom Zugang zu dem betreffenden Gebäude sowie von der Ausgestaltung der Nutzung ab.
  • Im Streitfall konnte der Kläger seine Verwaltungsarbeiten nicht in den Praxen durchführen, weil sich der Kläger in der einen Praxis gar nicht aufhielt und in der anderen Praxis ständig Angestellte anwesend waren, die bei der Erledigung der vertraulichen Verwaltungsarbeiten wie Lohnabrechnungen und Verbuchung der Einnahmen gestört hätten. Zudem waren diese Praxisräume nur eingeschränkt für Bürotätigkeiten nutzbar.

Hinweise: Die eigentliche Abwägung, ob ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, wird vom Finanzgericht in der ersten Instanz durchgeführt. Diese Abwägung hat der BFH im Streitfall nicht beanstandet. Man hätte in dem Streitfall aber durchaus auch eine andere Würdigung vornehmen können, die der BFH dann wohl ebenfalls gehalten hätte.

Das häusliche Arbeitszimmer wird steuerlich nicht anerkannt, wenn der Steuerpflichtige es vorzieht, die Verwaltungsarbeiten lieber nach Feierabend oder am Wochenende zu erledigen, obwohl er sie auch an seinem Arbeitsplatz im Betrieb bzw. in der Praxis erledigen könnte.

Quelle: BFH-Urteil vom 22.02.2017 – III R 9/16